Qunwappen


Home
Archiv
Die Rückkehr - 3. Teil


Es war fast ein Gefühl der Schwerelosigkeit, welches mich umgab. Unterbewußt hielt ich die Kontrolle mit den Quarzkristallen, die mich im Zentrum eines Wirbelsturms über das Meer beförderten. Meine Meditation ließ mich überleben, obwohl ich seit langem keine Nahrung mehr zu mir genommen hatte. Die Welt um mich herum nahm ich wie durch ein Prisma war. Die ganze Reise mutete mir an, wie ein Traum. Manchmal konnte ich dabei Einzelheiten erkennen, aber die meiste Zeit sah ich nur Wasser.
Aber wie lange würde diese Reise noch dauern? Wohin würde mich dieses Gefährt bringen? Da es offenbar von einem caRhuun erschaffen wurde, gab es nur einen logischen Zielort, das Nebelgebirge von Subere.
Konnte ich eine Reise bis Subere überleben? Leider war es mir nicht möglich, die Geschwindigkeit meiner Reise zu erkennen. Mit dem Schiff hatte ich damals viele Monde benötigt, von der Alten auf die Westliche Welt Magiras zu gelangen. Soviel Zeit hatte ich aber nicht. In der Hoffnung, viel schneller zu sein, als das schnellste Schiff Magiras, verblieb ich und wartete. Also versank ich wieder von der bewußten in die unbewußte Ebene meiner Reise.

Ich fand mich in meinem alten Gemach auf Rhuungard-Burg wieder. Wie war ich nur hier hingekommen? Oder hatte ich jetzt Halluzinationen aufgrund der Mangelerscheinungen? So mußte es sein. Sicher schwebte ich noch über dem Ozean und bildete mir das nur ein. Ich war sehr durstig. Mir war kalt. Die Decke, welche scheinbar über mir lag, wärmte mich wenig. Wie lange war es jetzt her, seit ich meinen letzten klaren Gedanken fassen konnte? Ich hatte jedes Zeitgefühl verloren.
Das Bild in meinem Kopf begann zu verschwimmen. Es zerfiel in viele kleine Teile eines Prismas. Diesen Anblick kannte ich nur zu gut. Unter mir war immer noch das Meer und kein Land in Sicht. Oder was war das dort? Land! Huanaca vielleicht? Dann würde ich Subere wohl nicht mehr erleben. Nein! Es war Subere! Und ich steuerte darauf zu.
Jetzt nur nicht die Kontrolle verlieren, denn zum Schwimmen fehlte mir die Kraft. Der Flug verlangsamte sich, ich überquerte die ersten Ausläufer des Nebelgebirges und kam dann auf einem großen Felsvorsprung zum Stehen. Plötzlich hörten die Kristalle auf, um mich zu kreisen und sanken zu Boden. Die Schwerkraft hatte mich wieder. Leider hatte ich nicht die Kraft, ihr zu widerstehen und fiel ebenfalls zu Boden.
Es war schon sehr mühsam nicht das Bewußtsein zu verlieren. Durst! Irgendwo plätscherte Wasser. Es mußte ein Bach in der Nähe sein. Irgendwie kämpfte ich mich auf die Knie und bewegte mich kriechend in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Dort war ein kleiner Gebirgsbach. Ich sah wieder Wasser, aber dieses mal löste es ein Glücksgefühl aus, welches ich lange nicht mehr verspürt hatte. Es war wundervoll, meine Hände in das kalte Naß zu tauchen. Und es steigerte sich ins Unermeßliche, als es mir die Kehle spülte. So muß es im Ewigen Himmel sein, dachte ich.
Danach fühlte ich mich zwar immer noch sehr schwach, aber es ging mir erheblich besser. So langsam begann ich wieder meine Umgebung wahrzunehmen. Warum wurde ich hier abgesetzt? Wahrscheinlich war dies der vorgesehene Landeplatz. Rhuungard-Burg mußte also irgendwo hinter diesem Berg sein. Dann mußte es aber auch einen Zugang zum Albor1 geben. Nach kurzer Untersuchung der Felsen fand ich eine Tür aus Stein. Es dauerte eine Weile, bis ich darauf kam, diese Tür mit einem der Kristalle zu öffnen. Dieser Kristall war nicht nur ein Bindeglied des Wirbelsturms, sondern auch eine Art Schlüssel für diese Tür. Mir lief ein Schauer über den Rücken, da ich mich an meinen letzten Besuch in diesem Labyrinth erinnerte. Damals hätte uns die Erforschung des Albor fast das Leben gekostet. 2Was würde mich dieses Mal dort erwarten? Würde ich den Weg nach oben in die Burg überhaupt finden können? Es war meine einzige Chance. Ich brauchte etwas zu essen. Also öffnete ich die Tür und trat ein.
Leider gab es keine Möglichkeit, diese Tür offen zu lassen. Sie war so konstruiert, daß sie sich nach dem Passieren schloß. Als sie dieses tat, wurde es dunkel. Nach einer Weile konnte ich meine Umgebung wenigstens erahnen. Rechter Hand ertastete ich einen Tisch auf dem einige Kristalle lagen. Nach kurzer Untersuchung fand ich einen Lichtkristall der noch aufgeladen war, also sorgte ich für Licht. Der Raum war spärlich eingerichtet und dem Staub nach zu urteilen, wurde er schon seit Jahren nicht mehr genutzt. Ich legte die Kristalle in eine Ecke und machte mich auf den Weg ins Ungewisse.
Leider mußte ich schon nach wenigen Schritten feststellen, das meine Beine nicht mehr bereit waren, ihren Dienst zu versehen. Sie hatten nur vergessen, mich vorzuwarnen. So flog ich doch recht unkoordiniert der Länge nach auf den Boden. Wenn ich die heftigen Schmerzen im rechten Bein richtig deutete, hatte ich mir zu meiner Kraftlosigkeit auch noch eine Verletzung zugezogen. Es war ausgeschlossen, mit eigener Kraft Rhuungard-Burg zu erreichen. Ich mußte um Hilfe rufen. Alle caRhuun sind durch ein geistiges Band verbunden, nur mußte ich jemanden auswählen, der mir sehr nahe stand. Für die normale Bindung war ich einfach viel zu weit entfernt. Nur zwei Menschen kamen mir in den Sinn: Garon, mein bester Freund aus den Tagen meiner Ausbildung und natürlich meine Schwester Sülidia.
Obwohl ich damals gegangen war, damit Sülidia nicht erfuhr, wer ihr Geliebter gewesen war, blieb mir nichts anderes übrig, als auch sie zu rufen. Sollte Garon nicht auf Rhuungard-Burg verweilen, so würde ich hier wohl verhungern. »Garon, alter Freund, ich bin es Yasim Palant3. Ich bin hier im Albor. Ich brauche deine Hilfe, sonst verhungere ich.« Das dachte ich, leider konnte ich keine Worte übermitteln, sondern die Person, an die ich dachte nur rufen. »Sülidia, geliebte Schwester. Hier ist dein Bruder Göröm. Bitte hilf mir.« Ob sie mich wohl wahrnimmt? Ob er mich bemerkt? Ich mußte weiter rufen und hoffen.

Nach einer endlos erscheinenden Weile spürte ich, daß Sülidia mich erhört hatte und sich in der Nähe aufhielt. Aber da war noch etwas anderes, ein finsteres Wesen. Es näherte sich durch die Dunkelheit. Ich konnte schon einen Schemen dieser Kreatur der Nacht sehen. Es schien kein Licht zu benötigen. Sülidia würde wohl zu spät kommen, denn dieses Wesen war schon da und ich war zu schwach mich zu wehren ...

Göröm Üsakür

1 Kellerlabyrinth unter Rhuungard Burg
2 Siehe »Verflucht« Erzählungen Follow 361, S. 273f
3 Mein falscher Name, während ich bei den caRhuun verweilte


zurück

© 2000 by Göröm Üsakür vom Volk der Qun